Zwei(*) weitere Klagen eingereicht – dritte und vierte in Vorbereitung
Nein, nicht wieder gegen meine Arbeitgeberin. (Wenn du meinen Blog schon eine Weile verfolgst, weisst du, was es damit auf sich hat. Wenn nicht, lies die Beiträge von Die schwarze Kali bis Etappensieg und Have fun!). Dieses Mal geht es gegen meine Rentenversicherung (HUK), meine Krankenversicherung (Debeka) und den größten deutschen Investmentfond (DWS Investment), bei dem ich eine Zeit lang einen Riester-Vertrag hatte.
Und, nein, es ist auch nicht so, dass ich Langeweile hätte. Vielmehr empfinde ich einige Dinge, die gerade so abgehen, als zutiefst ungerecht, und da muss jetzt einfach mal ein Ausgleich her! Und anstatt sich darüber zu be-klagen, kann man besser gleich richtig klagen (meine Meinung). – Aber der Reihe nach.
(*) Nachtrag am 23.04.2024:
In der ursprünglichen Fassung dieses Blog-Beitrags vom 09.08.2023 war noch die Rede von drei eingereichten Klagen. Erst sehr viel später erfuhr ich, dass der von mir bereits freigegebene Klageentwurf gegen DWS Investment im letzten Moment von meinen Anwälten zurückgehalten worden war, weil sich die Rechtslage kurzfristig geändert hatte. Da sich die Rechtslage ständig ändert, liegt diese Klage zur Zeit auf Eis, und wird wieder aufgetaut, wenn die Zeit reif ist.
Erste Klage
Vor 25 Jahren hatte ich bei der HUK eine private Rentenversicherung abgeschlossen, bei der ich monatlich einen Betrag einzahlte. Nachdem ich Anfang 2021 mal durchgerechnet hatte, ob sich diese Versicherung noch rentiert, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sowohl meine Beiträge als auch das bereits Eingezahlte in anderen Assets besser aufgehoben sind, und kündigte die Versicherung. Zwei Monate später erhielt ich von der HUK nur etwas mehr als die Hälfte des Angesparten zurück.
Nachdem ich zweimal selbst, d.h. ohne anwaltliche Unterstützung, vergeblich um die Auszahlung des Restbetrages gebeten hatte, erhielt ich im März 2022 eine Antwort, in der man für die lange Bearbeitungsdauer um Verständnis bat und ausführte, dass eine weitere Auszahlung nicht möglich sei. Dies wurde damit begründet, dass ich eine Rentenversicherung mit „Beitragsrückgewähr“ (sic!) hatte. Dabei werde immer ein Teil einbehalten, wenn der Rückkaufswert einen Höchstbetrag überschreite.
Daraufhin durchsuchte ich dann mal das Web und fand Hinweise darauf, dass ich nicht die Einzige war, die Ähnliches mit ihrer Rentenversicherung erlebte, und fand eine Anwaltskanzlei, die auf das Gebaren von Versicherungen spezialisiert ist. Mit ihrer Hilfe widerrief ich nun im Oktober 2022 mit Hinweisen auf einschlägige Gesetze und Urteile die 1998 abgeschlossene Versicherung. Ein Widerruf ist keine Kündigung, sondern stellt den Zustand wieder her, als ob die Versicherung nie abgeschlossen worden wäre. Er ist bspw. möglich, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine korrekte Belehrung über das Widerspruchsrecht stattgefunden hatte. Dies war bei meiner Versicherung glücklicherweise der Fall. Und siehe da, kaum waren nach Absenden des Widerrufs ein paar Tage vergangen, hatte ich einen Großteil des einbehaltenen Betrages auf meinem Konto! – Aber eben auch wieder nicht alles mir Zustehende. Nach einem Widerruf besteht nämlich nicht nur das Recht auf Rückzahlung der eingezahlten Beiträge, sondern auch der Zinsen, die die Versicherung mit den Beiträgen erwirtschaftet hat (aber abzüglich der Kosten für den Versicherungsschutz, den die Versicherungsnehmerin seit Vertragsbeginn genossen hat).
Daher habe ich im Januar dieses Jahres Klage beim Amtsgericht Bochum eingereicht. Die Klageschrift ist umfangreich, und wenn ich die Ausführungen meiner Anwälte richtig verstanden habe, so geht es bei der Frage, welcher Rückzahlungsbetrag mir zusteht, im Wesentlichen um das Verhältnis dreier Größen, nämlich der Anteile, die von meinen Beiträgen in a) den gewährten Versicherungsschutz, b) in Verwaltungskosten und c) in Fondeinzahlungen (bei einer fondgebundenen Versicherung, was bei meiner der Fall war) geflossen sind. Da die Versicherung sich über diese Größen ausschweigt, müssen sie geschätzt werden. Insbesondere ist dann auch noch eine vierte, unbekannte Größe interessant, nämlich d) „übriges Geld“, wenn die Anteile von a), b) und c) sich zu weniger als 100 Prozent summieren. Sprich‘, es ist einfach interessant, wie meine Beiträge verwendet wurden.
In der Klageschrift werden diverse Beipiele aus der aktuellen Rechtsprechung angeführt, aus denen dann die Anteile geschätzt werden. Beim Lesen kann man sich schon die Augen reiben. Die Anteile von jeder meiner Einzahlungen, die in den tatsächlichen Versicherungsschutz flossen, sind unfassbar gering und werden hier mit sage und schreibe 0,05 % geschätzt! In einem konkreten Beispiel, in dem ein Urteil erfolgt war (OLG Dresden, 28.03.1017), war der Anteil für den Todesfallschutz 0,002186 % der eingezahlten Beiträge wert. Und da auf die zweite Nachkommastelle gerundet wird, betrug dieser Anteil 0,00 %, weshalb die Versicherung hier 0,00 Euro vom Auszahlungsbetrag für den Versicherungsschutz abziehen durfte. Sehr schön!
Mit den Anteilen für die Verwaltungskosten verhält es sich ähnlich; auch diese sind üblicherweise sehr gering und werden in meinem Fall auf 1 % geschätzt. Der „Rest“, also 98,95 % meiner Einzahlungen, sind entweder in die Fondseinzahlungen gegangen, die mir beim Widerruf vollständig zurückgezahlt werden müssen, oder wurden von der Versicherung sogar anderweitig zu ihrem Nutzen verwendet. Diese Annahme kann die HUK nur widerlegen, wenn sie ihre Werte offenlegt.
Die mündliche Verhandlung findet am Donnerstag, den 10. August, also morgen, um 10.30 Uhr statt, und man darf gespannt sein.
Zweite Klage
Auf diese Weise von meinen Anwälten easy eingetunt hatte ich dann mal sämtliche meiner Versicherungen durchgecheckt (selten hat mir Papierkram soviel Freude bereitet) und meine Krankenkasse Debeka war als nächstes an der Reihe. Bei Krankenkassen bestehen übliche Fehler in nicht hinreichend begründeten Beitragserhöhungen. Diese Situation liegt auch bei meiner Versicherung vor. In diesem Fall hat man Anspruch auf Rückzahlung sämtlicher Erhöhungen zzgl. Zinsen und eine entsprechende Senkung der aktuell zu zahlenden Beiträge.
Und da frau auch hier als Klägerin nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen hat, war klar, was zu tun war. Also ging im November 2022 eine (noch umfangreichere) Klageschrift raus (nachdem ein zuvor geführter Austausch von Schriftsätzen zwischen der Debeka und meinen Anwälten nicht zielführend verlaufen war; um genau zu sein, war es ein One-Way-„Austausch“, denn das Schreiben meiner Anwälte blieb von der Debeka unbeantwortet). Hier ist das zuständige Gericht das Landgericht Bochum.
Nachdem der Verhandlungstermin vom Gericht zunächst auf den 4. August, also letzten Freitag, gelegt worden war, wurde er kurzfristig auf den 3. November dieses Jahres verlegt. Als Grund wird der ‚Bearbeitungsaufwand in Massenverfahren‘ angegeben. – Sehr schön, dass offensichtlich auch andere sich vermehrt für ihre Rechte einsetzen!
Nachtrag am 23.04.2024:
Der Verhandlungstermin wurde noch zwei weitere Male verschoben. Nämlich vom 3. November 2023 auf den 21. Januar 2024 mit der Begründung ‚Fortbildung des Dezernenten‘, und vom 21. Januar 2024 auf den 8. April 2024 ohne Angabe von Gründen. Das Ergebnis der Verhandlung ist mir noch nicht mitgeteilt worden. Als Verkündungstermin wurde der 29.04.2024 festgelegt. Das ist der Termin, an dem der Richter sein Urteil verfasst. Bis das Urteil bei meinen Anwälten eintrifft (und ich das Ergebnis erfahre), kann es bis Mitte Mai dauern. – Es bleibt also spannend.
Dritte Klage in der Warteschleife
Die dritte Klage, die wir vorbereitet haben, wird sich gegen den größten deutschen Investmentfond DWS Investment richten. Hier hatte ich für einige Jahre einen Riester-Vertrag, den ich, frustriert und unter Inkaufnahme von Verlusten, schon vor einigen Jahren vorzeitig gekündigt hatte. Glücklicherweise hatte ich die Unterlagen noch, so dass hier unsere Vorgehensweise und Argumentation analog zur Klage gegen die HUK erfolgt (keine hinreichende Aufklärung bei Vertragsabschluss und unklare Verwendung meiner Beiträge) – mit ähnlich haarsträubenden Zahlen bzgl. der Verwendung von Versicherten-Beiträgen und einer großen Zahl mutmachender Zitate bereits erfolgter Urteile in ähnlichen Verfahren.
Wie oben bereits nachgetragen warten wir hier auf eine Änderung der Rechtslage, bis wir diese Klage einreichen.
Summa summarum erwarte ich also, dass ich mir nach Gewinn dieser Klagen bei einem Blick auf meinen Kontoauszug verwirrt die Frage stellen werde: „Moment… Was ist hier der Kontostand und was ist die IBAN?“ (Zitat Harald Schmidt).
Und falls du selbst mal deine eigenen Versicherungen auf Klagemöglichkeiten checken möchtest, so empfehle ich dir die Webseite www.deinerechte24.de. Dort kannst du deine Vertragskennzahlen hochladen und erhälst instantan eine erste, automatisierte Einschätzung, ob eine Klage möglich ist, und mit welchem Rückerstattungsbetrag du rechnen kannst.
Vierte Klage in Vorbereitung
Eine vierte Klage (bei der es um eine andere Angelegenheit geht) ist übrigens in Vorbereitung. Aber hier hat die Obrigkeit noch die Chance, diese abzuwenden, wenn sie sich nun anständig verhält… Falls nicht, kannst du dich beizeiten auf einen weiteren Beitrag aus der Rubrik Recht freuen.
Oder ist dir statt Freude eher zum Schreien zumute? Dann sollst du hier auch auf deine Kosten kommen. Nimm‘ einfach meinen bekannten Karaoke-Service in Anspruch und begebe dich in die Gesellschaft von Deep Purples Ian Gillan. Insbesondere ab etwa Minute 2:22 brauchst du dafür noch nicht einmal den Text, sondern kannst locker beim Gemüseputzen einfach mal angestaute Energie rauslassen. Aber schließe vorher besser das Küchen-Fenster!
Child in Time
Deep Purple
Sweet child
In time you′ll see the line
The line that’s drawn between
Good and bad
See the blind man
Shooting at the world
Bullets flying
Oh, taking toll
If you′ve been bad
Oh Lord, I bet you have
And you’ve not been hit
Oh, by a flying lead
You’d better close your eyes
Oh-oh, bow your head
Wait for the ricochet
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Oh, I wanna hear you sing
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Oh-oh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Ahh-ah
Sweet child in time
You′ll see the line
The line that′s drawn between
Good and bad
See the blind man
Shooting at the world
Bullets flying
Mmm, taking toll
If you’ve been bad
Lord, I bet you have
And you′ve not been hit
Oh, by a flying lead
You’d better close your eyes
Oh-oh, bow your head
Wait for the ricochet
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh-ooh
Ooh-ooh
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Oh, I gotta hear you scream!
hh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Oh-oh
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Oh
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Ahh-ah-ah
Oh, no
Oh, no
God, oh, no
Oh, no
Oh, ain′t gonna do it
Oh, no
Oh, no, no
Oh
Ohh!
Oh, no
Musik und Text: Jon Lord, Ian Paice, Ritchie Blackmore, Ian Gillan, Roger Glover
Headerbild: Fliegenpilze, aufgenommen 2009 in den Dolomiten.
4 Comments
Laurean Tudor
Guten Morgen Gabi,
das hast Du gut gemacht! Schließlich ist das DEIN Geld.
Ich habe nur(!?!) zwei (Pflicht-) Versicherungen: Kranken- und Autoversicherung. Andere Versicherungen habe ich mir gespart und bis jetzt nichts bereut. An dem, was du schreibst, finde ich nur eins bedauerlich: den Versicherungen werden Deine „kleinen“ Beträge nicht wehtun. Vielmehr haben sie Widerstand geleistet, nicht dass andere auch auf die Idee kommen (Präzedenzfall).
Ich bin gespannt, wie es weiter geht.
Mit freundlichen Grüßen
Laurean
(KI Vortrag in Do)
PS Die Kanzlei-Adresse habe ich mir notiert.
Gabriele Peters
Guten Abend Laurean,
vielen Dank für dein Feedback. Ich bin ganz sicher nicht die Einzige, die ihre Rechte gegen Versicherungen durchsetzt. Es sind sogar so viele, dass offensichtlich weder die beklagten Versicherungen noch die Gerichte die Flut an Klagen in angemessener Zeit bearbeiten können. Schließlich wurde die Verhandlung gegen die Debeka aufgrund ‚Bearbeitungsaufwand in Massenverfahren‘ verschoben. Und auch wenn für einzelne Kläger die Rückzahlungsbeträge relativ klein sein sollten (für die meisten wird es sich aber schon lohnen), werden den Versicherungen aufgrund der hohen Anzahl von Klägern diese Klagen schon „wehtun“, wie du es ausdrückst.
Und vielleicht kann mein Vorgehen wegen der Riesterrente sogar noch weitere Kreise ziehen, denn in der Klageschrift deuten wir schon mal an, dass wir im Zweifelsfalle das gesamte Geschäftsmodell dieser Verträge (konkret: das sog. Policenmodell, das auch bei vielen Lebensversicherungen zum Einsatz kam) für europarechtswidrig halten. Da der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber noch nicht entschieden hat, braucht es noch einen „Fall“, über den er entscheiden kann. Dafür würde ich meinen sehr gern zur Verfügung stellen.
Alles Gute,
Gabi
Matthias
Hallo Gabi,
Spannende Themen! Ich kämpfe auch mit einer überteuerten BU und einem Riestervertrag, bzw. Vielmehr die dahinterstehenden Windmühlen! Dein Post ist inzwischen 2 Jahre alt. Darf ich fragen wie es ausgegangen ist?
LG, Matthias
Gabriele Peters
Hallo Matthias,
mein Post war vom 9.8.23 und zum Zeitpunkt deiner Anfrage 3 Monate alt, mittlerweile 9 Monate. Die Klage gegen die HUK war am 10.08.2023 abgewiesen worden, und meine Anwälte empfahlen, nicht in die 2. Instanz zu gehen. Ohnehin ging es für mich ja nur noch um einen kleinen Restbetrag, da ich den Großteil der fraglichen Summe bereits durch einen simplen Brief meiner Anwälte an die HUK erhalten hatte. Außerdem war diese Klage mit keinerlei Aufwand für mich verbunden. Einen Versuch war es allemal wert.
In welcher Form kämpfst du wegen deiner BU bzw. deinem Riestervertrag? Hast du auch Klagen eingereicht?
Viele Grüße,
Gabi